
Bericht 2022
Ermittlung der Exposition von Einzelpersonen der Bevölkerung durch genehmigungs- oder anzeigebedürftige Tätigkeiten –
Veröffentlichung nach § 101 Abs. 5 Satz 3 Strahlenschutzverordnung (StrlSchV)
Einleitung und rechtlicher Hintergrund
Wer in Deutschland Umgang mit radioaktiven Stoffen hat oder eine Anlage zur Erzeugung ionisierender Strahlung betreiben möchte, hat eine Menge an Vorschriften zu beachten. Die damit verbundenen Tätigkeiten sind u. a. durch die zuständige Behörde zu genehmigen bzw. in manchen Fällen der Behörde durch eine Anzeige mitzuteilen.
Nach erteilter Genehmigung oder Überprüfung der eingereichten Unterlagen ist es für die zuständige Behörde jedoch noch nicht getan. Die Tätigkeiten unterliegen weiterhin der Aufsicht durch die zuständige Behörde. In Nordrhein-Westfalen sind dies die fünf Bezirksregierungen.
Neben vielen verschiedenen Aufsichtspflichten besteht eine gesetzliche Verpflichtung für die zuständigen Behörden, die Strahlenexposition von repräsentativen Einzelpersonen der Bevölkerung in der Umgebung von Anlagen oder Einrichtungen zu ermitteln, in denen mit radioaktiven Stoffen umgegangen oder ionisierende Strahlung erzeugt wird.
Als Beispiele für den Umgang mit radioaktiven Stoffen können nuklearmedizinische Praxen oder auch die Gammaradiographie in der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung genannt werden. Klassische Tätigkeiten mit Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlung sind der Betrieb von Linearbeschleunigern im Rahmen der medizinischen Strahlentherapie in einem Krankenhaus.
Nach § 101 Abs. 5 Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) hat die zuständige Behörde die von ihr ermittelten Expositionen der repräsentativen Personen (hypothetische Personen, für die es mit Blick auf die Gesamtbevölkerung aufgrund ihrer Lebensgewohnheiten am wahrscheinlichsten ist, hohe Strahlenexposition zu erhalten) zu dokumentieren.
Außerdem sind die von der Behörde ermittelten Expositionen ab dem Jahr 2022 jährlich für das zurückliegende Jahr zu veröffentlichen.
Grundsätzliches Vorgehen
Die jährlich durchzuführende Ermittlung der Körperdosen, die eine repräsentative Person im vorherigen Kalenderjahr durch genehmigte oder angezeigte Tätigkeiten erhalten hat, erfolgt auf Grundlage der allgemeinen Verwaltungsvorschrift AVV Tätigkeiten1.
Für verschiedene mögliche Expositionspfade wie Wasser, Luft und Direktstrahlung wird die Exposition einer repräsentativen Person an den ungünstigsten Einwirkungsstellen (d. h. den Stellen, an denen die höchsten Expositionen der repräsentativen Person zu erwarten sind) in der Umgebung einer Anlage oder Einrichtung ermittelt. Üblicherweise sind die Orte der ungünstigsten Einwirkungsstellen Bereiche, zu denen die Bevölkerung zwar Zugang hat, die jedoch nicht stark frequentiert sind. Da ein längerer Aufenthalt von Einzelpersonen der Bevölkerung an diesen Orten jedoch nicht komplett ausgeschlossen werden kann, werden diese Bereiche zu den ungünstigsten Einwirkungsstellen. Somit bleibt festzuhalten, dass die Expositionswerte sehr konservativ ermittelt werden, die tatsächliche Exposition jedoch wesentlich geringer ist.
Alle von der Behörde genehmigten bzw. der Behörde angezeigten Tätigkeiten, die im Kalenderjahr ausgeübt wurden, werden bei der Ermittlung betrachtet. Der Betrieb von Röntgeneinrichtungen scheidet bei dieser Betrachtung aus. Es sind nur die Expositionen zu ermitteln, deren Wert 0,1 Millisievert im Kalenderjahr (das entspricht einem Zehntel des Grenzwertes für die Bevölkerung) überschreitet.
Die Ermittlung der Exposition erfolgt mit unterschiedlichen Methoden:
Entweder kann mit konservativen Abschätzungen die Einhaltung von § 101 Abs. 2 Nummer 4 StrlSchV überprüft werden oder bei Expositionen, die 0,1 Millisievert pro Jahr überschreiten, kann auf Grundlage der Genehmigungsunterlagen und der Betriebsparameter durch Berechnung und/oder Messung die ungünstigste Einwirkungsstelle und die dort resultierende Exposition der repräsentativen Person im Kalenderjahr ermittelt werden.
Auflistung der Tätigkeiten mit den ermittelten Expositionen
Straße | PLZ | Ort | Tätigkeit nach §4 (Umgang/Anlage) | Ermittelte Exposition der repräsentativen Person (mSv/a) |
---|---|---|---|---|
Altstadtstr. 32 | 44534 | Lünen | Anlage | 0,138 |
Beurhausstraße 40 | 44137 | Dortmund | Umgang | 0,48 |
Gudrunstr. 56 | 44791 | Bochum | Umgang | 0,23 |
Industriestr. 34 b | 44894 | Bochum | Umgang | 0,152 |
Kampenstraße 51 | 57072 | Siegen | Anlage | 0,11 |
Klosterstraße 31 | 59555 | Lippstadt | Umgang | 0,135 |
Klosterstraße 31 | 59555 | Lippstadt | Umgang | 0,135 |
Kortumstr. 89 | 44787 | Bochum | Umgang | 0,216 |
Paulmannshöher Straße 14 | 58515 | Lüdenscheid | Anlage | 0,28 |
Senator-Schwartz-Ring 8 | 59494 | Soest | Anlage | 0,65 |
Wiedenbrücker Straße 33 | 5955 | Lippstadt | Anlage | 0,115 |
Straße | PLZ | Ort | Tätigkeit nach §4 (Umgang/ Anlage) | Ermittelte Exposition der repräsentativen Person (mSv/a) |
---|---|---|---|---|
Brenkhäuser Straße 69 | 37671 | Höxter | Anlage | 0,107 |
Daimlerstraße 34-36 | 32312 | Lübbecke | Anlage | 0,176 |
Feilenstraße 1 | 33602 | Bielefeld | Anlage | 0,306 |
Georgstraße 11 | 32545 | Bad Oeynhausen | Anlage | 0,118 |
Gütersloher Straße 257 | 33649 | Bielefeld | Anlage | 0,113 |
Hans-Nolte-Straße 1 | 32429 | Minden | Anlage | 0,161 |
Helleforthstr. 58-60 | 33758 | Schloß Holte-Stukenbrock | Anlage | 0,122 |
Koblenzer Straße 20a | 32584 | Löhne | Anlage | 0,181 |
Lagesche Str. 1 | 32756 | Detmold | Anlage | 0,455 |
Paul-Ehrlich-Straße 11 | 32429 | Minden | Anlage | 0,117 |
Pionierstraße | 32423 | Minden | Anlage | 0,161 |
Reumontstraße 35 | 33102 | Paderborn | Anlage | 0,405 |
Schildescher Straße 99 | 33611 | Bielefeld | Anlage | 0,153 |
Schwarzenmoorstraße 70 | 32049 | Herford | Anlage | 0,147 |
Steinweg 35 | 32657 | Lemgo | Anlage | 0,114 |
Teutoburger Straße 50 | 33604 | Bielefeld | Anlage | 0,15 |
Wollmarktstraße 8 - 10 | 33098 | Paderborn | Anlage | 0,15 |
Straße | PLZ | Ort | Tätigkeit nach §4 (Umgang/ Anlage) | Ermittelte Exposition der repräsentativen Person (mSv/a) |
---|---|---|---|---|
Neusser Landstraße | 41539 | Dormagen | Umgang | 0,12 |
Straße | PLZ | Ort | Tätigkeit nach §4 (Umgang/ Anlage) | Ermittelte Exposition der repräsentativen Person (mSv/a) |
---|---|---|---|---|
Bahnhofstr. 17 | 52146 | Würselen | Anlage | 0,88 |
50389 | 50389 | Wesseling | Anlage | 0,101 |
Buchforststr. 2 | 51103 | Köln | Umgang | 0,12 |
Haydnstr. 36 | 53115 | Bonn | Umgang | 0,112 |
Hohenstaufenring 28 | 50674 | Köln | Umgang | 0,208 |
Hospitalstr. 45 | 53840 | Troisdorf | Anlage | 0,144 |
Indestr. 55 | 52249 | Eschweiler | Anlage | 0,438 |
Jägerhausstr. 22 | 52152 | Simmerath | Anlage | 0,625 |
Johanniterstr. 3-5 | 53113 | Bonn | Umgang | 0,72 |
Kreuzstraße 11 | 52351 | Düren | Anlage | 0,555 |
Kronprinzenstr. 28 | 53173 | Bonn | Umgang | 0,89 |
Marienstraße 13 | 52351 | Düren | Anlage | 0,2 |
Nussallee 12 | 53115 | Bonn | Anlage | 0,59 |
Ottoplatz 1 | 50679 | Köln | Umgang | ,0297 |
Schülgenstr. 15 a | 53604 | Bad Honnef | Anlage | 0,18 |
Spessartstr. 9 | 53119 | Bonn | Anlage | 0,301 |
Stiftsstraße 21 | 52525 | Heinsberg | Umgang | 0,91 |
Venusberg - Campus 1 | 53127 | Bonn | Anlage | 0,8 |
Für den Regierungsbezirk Münster wurden keine zu veröffentlichenden Expositionen ermittelt.
Einordnung der ermittelten Expositionen
Grundsätzlich ist anzumerken, dass die ermittelten Expositionen rein theoretischer Natur sind und nicht davon auszugehen ist, dass eine Einzelperson der Bevölkerung tatsächlich diese Exposition erhalten hat. Bereits in den Genehmigungs- und Anzeigeverfahren zu den betrachteten Tätigkeiten, überprüfen die zuständigen Behörden besonders exponierte Stellen in der Umgebung der Anlagen und Einrichtungen, um sicherzustellen, dass die Bevölkerung hier keiner erhöhten Strahlenexposition durch diese Tätigkeiten ausgesetzt wird. Die ermittelten Daten haben das vorrangige Ziel sicherzustellen, dass Expositionen der allgemeinen Bevölkerung jedoch nicht unterschätzt werden.
Nach § 80 Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) beträgt der Grenzwert der Summen der effektiven Dosis 1 Millisievert im Kalenderjahr für die Exposition der Bevölkerung. Berichtet werden nur Expositionen, die ein Zehntel dieses Grenzwertes überschreiten und eine realistische jedoch theoretische Abschätzung für die Exposition im Kalenderjahr für eine repräsentative Person an den ungünstigsten Einwirkungsstellen in der Umgebung der jeweiligen Anlagen und Einrichtungen darstellen.
Die mittlere Strahlenexposition für eine Person der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2019 betrug etwa 3,8 Millisievert effektive Dosis pro Jahr und Person2. Dabei entfallen ca. 2,1 Millisievert auf die natürliche Strahlenexposition und ca. 1,7 Millisievert auf die zivilisatorische Strahlenexposition (nahezu 100% durch Anwendung radioaktiver Stoffe und ionisierender Strahlung in der Medizin als Patient*In).
Die ermittelten Expositionen liegen deutlich unter dem jährlichen Grenzwert der Strahlenexposition nach § 80 StrlSchG und stellen für die repräsentativen Personen an den ungünstigsten Einwirkungsstellen in der Umgebung der Anlagen und Einrichtungen nur einen Bruchteil der mittleren Strahlenexposition für eine Person der Bevölkerung durch natürliche und zivilisatorische Strahlenquellen dar.
Quellen
§101 StrlSchV
https://www.gesetze-im-internet.de/strlschv_2018/__101.html
AVV Tätigkeiten
http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_08062020_SII51148301.htm
Jahresbericht Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung 2019 https://doris.bfs.de/jspui/handle/urn:nbn:de:0221-2022041232235
1Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung der Exposition von Einzelpersonen der Bevölkerung durch genehmigungs- oder anzeigebedürftige Tätigkeite 2Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung, Jahresbericht 2019 des BMUV
Impressum
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Bochum, Dezember / 2022