Biostoffe
© Alexander Raths - Fotolia.com

Arbeitsschutz und Gesundheit

Biostoffe

Beschäftigte, die mit Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilzen, mit Viren, Parasiten oder auch Zellkulturen umgehen oder in Berührung kommen, müssen bei ihrer Tätigkeit mit diesen biologischen Arbeitsstoffen besonders geschützt werden. Entsprechendes gilt auch für den Schutz anderer Personen, soweit diese aufgrund des Verwendens von Biostoffen durch Beschäftigte oder durch Unternehmer ohne Beschäftigte gefährdet werden können. Diese Stoffe können Infektionen, übertragbare Krankheiten, Sensibilisierungen oder toxische Wirkungen beim Menschen hervorrufen.

Welche Vorschriften enthalten Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten bei der Arbeit mit Biostoffen?

Die Biostoffverordnung (BioStoffV) dient in erster Linie der Vermeidung von Infektionsgefahren. Sie regelt Maßnahmen zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Biostoffen. Der Begriff Tätigkeiten umfasst hier die berufliche Arbeit mit Menschen, Gegenständen oder Materialien, wenn aufgrund dieser Arbeiten Biostoffe auftreten oder freigesetzt werden und Beschäftigte damit in Kontakt kommen können. Ausgangspunkt ist dabei eine systematische Beurteilung der Gefährdungen, die von den biologischen Arbeitsstoffen selbst, von einzelnen Arbeitsschritten oder technischen und organisatorischen Gegebenheiten ausgehen.

Bei erhöhter Infektionsgefährdung können arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen und Schutzimpfungen notwendig sein; hier greift die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).

Technische Regeln für biologische Arbeitsstoff (TRBA) geben Hilfestellung bei der Lösung von Sachfragen wie z. B. bei der Einstufung von biologischen Arbeitsstoffen in Risikogruppen oder bei der konkreten Ausgestaltung bestimmter Arbeitsplätze und Tätigkeiten.

Eine wichtige Rolle bei der Arbeit mit Biostoffen spielt die Technische Regel "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" (TRBA 400).

Die Technische Regel "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege" (TRBA 250) findet Anwendung unter anderem bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Bereichen des Gesundheitswesens und der Wohlfahrtspflege, in denen Menschen medizinisch untersucht, behandelt oder gepflegt werden – einschließlich solcher Tätigkeiten, die der Ver- und Entsorgung oder der Aufrechterhaltung des Betriebes der genannten Bereiche dienen – wenn aufgrund dieser Arbeiten Biostoffe auftreten oder freigesetzt werden und Beschäftigte damit in Kontakt kommen. Für spezifische Informationen zu den Erregern von Infektionserkrankungen verweist die Technische Regel 250 auf das Robert Koch-Institut (RKI) und auf das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI).

Einen Überblick über die technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe gibt es bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).


Wie erkennen Arbeitgebende welche Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind?

Um die Arbeitgebenden bei der Beurteilung des Gefährdungspotentials zu unterstützen, hat der Gesetzgeber die Biostoffe nach ihrem Infektionsrisiko in vier Risikogruppen eingeteilt.

Risikogruppe 1  Biostoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit hervorrufen.
Risikogruppe 2 Biostoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen könnten; eine Verbreitung in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich.
Risikogruppe 3Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich.
Risikogruppe 4Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich.

Die Einteilung erfolgt in Anlehnung an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wobei u.a. die Schwere der Infektionskrankheit, die Verbreitungsgefahr und die Behandlungs- und Präventionsmöglichkeiten bewertet werden.

Bei Arbeiten mit Biostoffen in Laboratorien, bei der Versuchstierhaltung, der Biotechnologie oder in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes, müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die durchzuführenden Tätigkeiten zusätzlich in Schutzstufen einordnen, die dem Grad der Infektionsgefährdung durch den Biostoff entsprechen (§ 5 BioStoffV).

Welche Pflichten ergeben sich bei der Arbeit mit Biostoffen

Die Maßnahmen, die bei der Arbeit mit Biostoffen zum Schutz der Beschäftigten ergriffen werden müssen, richten sich nach dem Grad der von ihnen ausgehenden Gefährdung (§3 BioStoffV) und der Art der Tätigkeit. Sie reichen von der Erstellung einer Gefährungsbeurteilung bis zum Ausarbeiten von Betriebs- und Arbeitsanweisungen.

Beispiel: Pflichten bei der Arbeit mit Biostoffen im Gesundheitsdienst

Die Grundlage für das Erkennen von Gefahren bei der Arbeit mit Biostoffen ist die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung (§ 4 BioStoffV i.V.m. § 5 ArbSchG), welche in eine Gesamtbeurteilung unter der Betrachtung aller voraussehbaren Tätigkeiten und Arbeitsabläufe in den Betrieb einfließt (mehr dazu in der "Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation" der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA)). Dazu gehört auch eine Bewertung der psychischen Belastungsfaktoren. Hilfe bei der Umsetzung bieten unter anderem die GDA Publikation "Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung" und die "Leitlinie Beratung und Überwachung bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz"

Für die Gefährdungsbeurteilung müssen die Identität der voraussichtlich auftretenden Biostoffe, deren Risikogruppeneinstufung und Übertragungswege, mögliche sensibilisierende und toxische Wirkungen und Aufnahmepfade, sowie sonstige die Gesundheit schädigende Wirkungen ermittelt werden. Dazu eignet sich die Erstellung von  „Steckbriefen“ einzelner Erreger wie sie das Robert Koch-Institut in seinem RKI - Ratgeber für Ärztinnen und Ärzte neben weiteren Informationen zu in Deutschland vorkommenden und importierten Infektionskrankheiten inklusive Zoonosen im Internet zur Verfügung stellt.

Weiterhin ist die Art der Tätigkeit unter Berücksichtigung der Betriebsabläufe, Arbeitsverfahren und verwendeten Arbeitsmittel einschließlich der Betriebsanlagen zu erfassen. Art, Dauer und Häufigkeit der Exposition der Beschäftigten sind zu berücksichtigen.

Eine „Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen“ stellt die Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe TRBA 400 dar.

Desweiteren werden in der TRBA 250 die Branchenregeln und Informationsschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)  und der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung als Hilfestellung für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung benannt.

Gleichermaßen wie die Technische Regel sollten die entsprechenden Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) – die Bezug nehmen (im wesentlichen) auf den Patientenschutz, aber auch auf Aspekte des Beschäftigungsschutzes – berücksichtigt werden wie auch die Veröffentlichungen des Arbeitskreises „Krankenhaus- und Praxishygiene“ der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften). Der Arbeitskreis versteht sich als praxisorientierte Ergänzung zur KRINKO des Robert Koch-Institutes, mit der eine enge Zusammenarbeit praktiziert wird.

Im Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung sind auch die Belange des Mutterschutzgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu berücksichtigen.

Die Betriebsanweisung legt den Schwerpunkt auf Unfallverhütung und Gesundheitsschutz, sie beschreibt in kurzer Form Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen. Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber hat sie auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung vor Aufnahme der Tätigkeit schriftlich zu erstellen (§ 14 Abs. 1 BioStoffV). Sie muss  in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache verfasst sein und ist den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung zu stellen. Sie muss sich auf konkrete Arbeitsbereiche (z.B. Rettungsfahrzeug, Rettungswache, NadelstichverletzungenStich und Stichverletzungen) beziehen und auf die zu erwartenden Biostoffe eingehen.

Auf Grundlage der jeweils aktuellen Betriebsanweisung muss vor Aufnahme der Tätigkeit eine Unterweisung arbeitsplatzbezogen erfolgen, sowie danach mindestens jährlich (§ 14 BioStoffV).

Musterbetriebsanweisungen für den Umgang mit Biostoffen finden Sie beispielsweise auf den Seiten der BGW.


Inhalte der BetriebsanweisungErläuterungen und Informationen
Art der Tätigkeit
tätigkeitsbedingte Gefahren für die BeschäftigtenDie mit den vorgesehenen Tätigkeiten verbundenen Gefahren für die Beschäftigten, insbesondere zur Art der Tätigkeit und den am Arbeitsplatz auftretenden, tätigkeitsrelevanten Biostoffen einschließlich der Risikogruppe, Übertragungswege und gesundheitlichen Wirkungen.
Schutzmaßnahmen und VerhaltensregelnInformationen über Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln, die die Beschäftigten zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz anderer Beschäftigter am Arbeitsplatz durchzuführen oder einzuhalten haben; dazu gehören insbesondere
  • innerbetriebliche Hygienevorgaben,
  • Informationen über Maßnahmen, die zur Verhütung einer Exposition zu ergreifen sind, einschließlich der richtigen Verwendung scharfer oder spitzer medizinischer Instrumente,
  • Informationen zum Tragen, Verwenden und Ablegen persönlicher Schutzausrüstung einschließlich Schutzkleidung.
Verhalten bei StörungenAnweisungen zum Verhalten und zu Maßnahmen bei Betriebsstörungen sowie zu deren innerbetrieblicher Meldung.
Verhalten bei Unfällen, Erste HilfeAnweisungen zum Verhalten und zu Maßnahmen bei Verletzungen und bei Unfällen sowie zu deren innerbetrieblicher Meldung und zur Ersten Hilfe.
Sachgerechte Entsorgung und InstandhaltungInformationen zur sachgerechten Inaktivierung oder Entsorgung von Biostoffen und kontaminierten Gegenständen, Materialien oder Arbeitsmitteln.

Für Tätigkeiten der Schutzstufen 3 und 4 im Gesundheitsdienst sind zusätzlich zur Betriebsanweisung Arbeitsanweisungen zu erstellen, die am Arbeitsplatz vorliegen müssen. 

Die Unterweisung muss vor Aufnahme der Beschäftigung und danach mindestens jährlich durchgeführt werden sowie in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache erfolgen. Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung müssen von der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber schriftlich festgehalten und  von den unterwiesenen Beschäftigten durch Unterschrift bestätigt werden (§ 14 Abs. 3 BioStoffV). Dabei ist auch eine allgemeine arbeitsmedizinische Beratung durchzuführen, bei der –soweit erforderlich – die Ärztin oder der Arzt beteiligt sein sollte, die oder der mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach der ArbMedVV beauftragt ist.

Bei der Gestaltung der Unterweisung sollte Wert darauf gelegt werden, die Notwendigkeit  von Arbeits- und Gesundheitsschutz anschaulich, informativ und überzeugend darzustellen. Dazu eignen sich neben dem fachlichen Vortrag auch Lehrfilme, Anschauungsmaterialien und praktische Übungen. Auf Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger sollte gezielt eingegangen werden.

Gemäß der TRBA 250 Nr. 4.1.5  hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber für die einzelnen Arbeitsbereiche entsprechend der Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen zur Vermeidung einer Infektionsgefährdung in Form eines Hygieneplans schriftlich festzulegen und deren Befolgung zu überwachen. Der Hygieneplan soll Regelungen zu Desinfektion, Reinigung und Sterilisation sowie zur Ver- und Entsorgung enthalten. Dabei sind die Erfordernisse des Arbeitsschutzes und des Patientenschutzes idealerweise in einem Dokument zu bündeln. Die Anweisungen sind verbindlich vorzugeben und die Beschäftigten entsprechend zu schulen. Anhang 2 der TRBA 250 gibt Hinweise für die Erstellung eines Hygieneplans.

Die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber hat einen Hautschutzplan zur Auswahl von Präparaten zu erarbeiten für

  • Hautschutz (vor der Tätigkeit)
  • Hautreinigung
  • Hautpflege (nach der Tätigkeit).

Außerdem hat der Arbeitgebende geeignete Mittel zur Verfügung zu stellen und bei der Unterweisung die Thematik Hautschutz zu berücksichtigen (TRBA 250 Nr. 4.1.3). Bei Tätigkeiten, die Maßnahmen zum Hautschutz erforderlich machen, ist die bestellte Betriebsärztin oder der bestellte Betriebsarzt zu beteiligen (TRBA 250 Nr. 3.1.4). Tätigkeiten in feuchtem Milieu führen zu einer erhöhten Hautbelastung, insbesondere sollen flüssigkeitsdichte Handschuhe nur so lange wie nötig getragen werden.

Nach dem Ausziehen der Schutzhandschuhe ist eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen. Rein alkoholische Desinfektionsmittel führen bei häufiger Anwendung durch ihre stark austrocknende Wirkung zu Hautschäden, geeignete Präparate enthalten daher rückfettende und hautpflegende Zusatzstoffe. Unter Schmuck können sich Räume bilden, die man mit der Händedesinfektion nicht erreicht, oder es bleiben Desinfektionsmittelreste haften, die unter Umständen eine Hautirritation hervorrufen. Auch Nagellack und künstliche Fingernägel sind nicht zulässig.

Welche Aufgaben hat das LIA im Bereich Biostoffe?

Das Landesinstitut für Arbeitsgestaltung berät die Arbeitsschutzverwaltung (Arbeitsministerium, Bezirksregierungen) im Hinblick auf:

  • Belastungen und Beanspruchungen durch biologische Stoffe am Arbeitsplatz
  • Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen bei gezieltem und/oder ungezieltem Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen
  • geeignete Präventions-, Hygiene- und Schutzmaßnahmen, einschließlich Arbeitsschutz im Pandemiefall

Einzelne Betriebe oder Gruppen von Betrieben berät das LIA dort, wo Probleme und die zu erwartenden Lösungsvorschläge modellhaften Charakter tragen und von einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung sind. Dazu nutzt das LIA bei der Entwicklung beispielhafter Lösungsvorschläge, die im betrieblichen Kontext stehen, Transferinstrumente wie beispielsweise Best-Practise-Beispiele, Leitfäden und Ratgeber. Weiterhin koordiniert das LIA das Expertennetzwerk KomNet. Hier können gezielt in einer Dialogdatenbank Recherchen durchgeführt oder, falls dort keine befriedigende Antwort gefunden wird, den Expertinnen und Experten eigene Fragen gestellt werden.


Links und weiterführende Informationen zu Biostoffen

KomNet Frage-Antwort-Dialoge zum Thema Biostoffe