
Zahl des Monats November 2024 – Einsätze des Strahlenschutzes
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Das LIA kümmert sich nicht nur um Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung – auch der Strahlenschutz gehört zum Aufgabenbereich des Landesinstituts. Die Kolleginnen und Kollegen unterstützen andere Behörden, wie die Polizei, Feuerwehr oder den Staatsschutz, bei Fragen der nuklearen Nachsorge und nuklearspezifischen Gefahrenabwehr. Im ersten Halbjahr 2024 waren sie bereits 15-mal im Einsatz. Was genau ihre Aufgaben sind und welche kuriosen Fälle ihnen begegnen, lesen Sie hier.
„Ich empfand die Situation als zuerst etwas angespannt – wegen der dringlichen Lage und der Erwartungshaltung durch die anderen Einsatzkräfte. Im Nachhinein hat sich zum Glück aber alles als harmlos herausgestellt.“ So beschreibt ein Mitarbeiter aus dem Strahlenschutz einen Einsatz der besonderen Art. Im Juni dieses Jahres rückte das Fachpersonal des LIA nach Soest aus. Wegen einer angeblich atomar strahlenden Gefahr war dort eine Polizeiwache evakuiert und mehrere Straßen gesperrt worden.
Ein Mann war mit seinem Motorroller zur Wache gefahren, weil er einen vermeintlich radioaktiven Gegenstand loswerden wollte. Dabei sollte es sich um ein Messer handeln, in das mehrere Dutzend Gramm Californium eingearbeitet worden sein sollten. Die Journalisten des Soester Anzeigers schreiben, dass es sich beim radioaktiven Californium nach Antimaterie um die zweitteuerste Substanz der Welt handeln soll. Das Messer sei deswegen rund 600 Millionen Euro wert gewesen. Nach ersten Messungen der Feuerwehr wurde das LIA hinzugerufen. Die Mitarbeitenden nahmen mit sensibleren Geräten, wie einem hochauflösenden Gammaspektrometer, weitere Messungen vor – und konnten Entwarnung geben. Von dem Gegenstand und dem Roller ging keine Gefahr aus.
Anfragen und Einsätze sind vielfältig
Das war einer von insgesamt 15 Einsätzen im ersten Halbjahr 2024. Auch in sechs weiteren Fällen rückten die Mitarbeitenden des LIA zu einem Einsatz vor Ort aus oder machten Messungen im Labor. Acht Anfragen konnten sie telefonisch bearbeiten. Im vergangenen Jahr gab es 22 Anfragen bzw. Einsätze. Davon konnten 16 „vom Schreibtisch aus“ geklärt werden.
Generell ist das Spektrum der Anfragen und Einsätze vielfältig. Das Fachpersonal berät Bürgerinnen und Bürger sowie Institutionen bei Strahlenschutzfragen, kümmert sich bei auffälligen Anlieferungen beim Schrotthandel oder bei Müllverbrennungsanlagen und ist zur Stelle, wenn radioaktive Stoffe gefunden werden. Identifizieren die Mitarbeitenden bei ihren Einsätzen radioaktive Stoffe oder messen überhöhte Werte, empfehlen sie die zielgerichtete Abgabe an die Landessammelstelle. Diese ist für die Entsorgung radioaktiver Abfälle in NRW zuständig.
Unter den Bürgeranfragen gibt es Themen, die öfter aufkommen – zum Beispiel ältere Armbanduhren und Erzsammlungen oder bauliche Umstände. Das Fachpersonal gibt Tipps und beantwortet Fragen, unter anderem zur Entsorgung. Normalerweise reichen in diesen Fällen telefonische Beratungen.
Außerdem fragen unter anderem auch (Hoch-)Schulen zur Abgabe radioaktiver Stoffe an. Dann sind oft Messungen des LIA vor Ort nötig.
Beim Schrotthandel oder bei Müllverbrennungsanlagen gibt es immer mal wieder auffällige Anlieferungen. Portalmessanlagen untersuchen die ankommenden Lieferungen auf Radioaktivität. Sobald es Auffälligkeiten gibt, greifen festgelegte Ablaufpläne. Das Fachpersonal des LIA kann dann entweder die Verwertung freigeben – zum Beispiel, wenn die Radioaktivität natürlichen Ursprungs ist – oder es führt Messungen vor Ort aus. Dabei kommt es vor, dass tatsächlich radioaktive Gegenstände aus der Ladung separiert und gesondert über die Landessammelstelle entsorgt werden müssen.
LIA hilft bei nuklearer Nachsorge und Gefahrenabwehr
Neben Anfragen von Bürgerinnen, Bürgern oder Institutionen kümmert sich der Strahlenschutz des LIA auch um Behörden, wie Polizei, Feuerwehr, Staatsschutz und Zoll. Er unterstützt fachlich und messtechnisch bei Fragen der nuklearen Nachsorge und nuklearspezifischen Gefahrenabwehr.
Ein nuklearer Nachsorgefall liegt zum Beispiel dann vor, wenn in einem Waldstück ein Behälter mit radioaktivem Abfall entdeckt wird. Bei der nuklearspezifischen Gefahrenabwehr geht es um den missbräuchlichen Umgang mit radioaktiven Stoffen, der zur Störung der öffentlichen Sicherheit führen kann. Dazu zählen beispielsweise Erpressungen oder Bedrohungen mit einer sogenannten „schmutzigen Bombe“, die bei einer Explosion radioaktives Material in der Umgebung verteilt.
Viele Fälle des Strahlenschutzes beim LIA gehen aber auf Abfälle aus der Nuklearmedizin und auf Funde von Materialien zurück, die natürliche radioaktive Isotope enthalten.
Unterschiedlichste Messgeräte kommen zum Einsatz
Bei seinen Einsätzen arbeitet das Fachpersonal mit verschiedenen Messgeräten. Unter anderem werden folgende regelmäßig genutzt:
- Dosisleistungsmessgerät: bestimmt die (Gamma-)Dosisleistung. Es zeigt die augenblickliche Strahlendosis an. Es ist ein wichtiges Messgerät zur Gefährdungsabschätzung für die Einsatzkräfte.
- Kontaminationsmonitor: kann Kontaminationen nachweisen und Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung unterscheiden. Es ist ein wichtiges Messgerät, um die richtige Handhabung der untersuchten Probe festzulegen.
- Geräte zur (gammaspektrometrischen) Nuklididentifikation: mit hochauflösenden Gammaspektrometern können im Feld auch komplexe Messungen und neben der Identifikation auch genaue Aktivitätsabschätzungen durchgeführt werden.
Mit diesen Geräten können alle notwenigen Informationen gesammelt werden: zum Beispiel, ob irgendetwas kontaminiert ist oder ob vorliegende Radionuklide aktiv sind. Aus den Informationen können die Mitarbeitenden dann notwendige und geeignete (Strahlenschutz-)Maßnahmen ableiten. Darüber hinaus gibt es verschiedene Geräte zur Probenahme, ein Einsatzfahrzeug und Ausrüstung zum Schutz der Einsatzkräfte.
- Zum Artikel „Polizeiwache Soest evakuiert: Der Auslöser war ein 600-Millionen-Euro-Märchen“ vom Soester Anzeiger
- Zur Publikation LIA.fakten „24 Stunden einsatzbereit: Die Strahlenmessstelle des LIA.nrw“
- Zur Themenseite „Strahlenschutz“ des Landesinstituts für Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung Nordrhein-Westfalen (LIA)